Schweinehaltung in Deutschland: Innovationsbremse wird immer stärker angezogen
Viele Sauenhalter sind in den vergangenen Jahren aus der Produktion ausgestiegen
Die jüngsten Viehzählungsergebnisse sind alarmierend. Zwischen Mai 2015 und Mai 2016 haben wieder einmal 5 % aller Schweinehalter die Stalltore geschlossen.
Unter den Sauenhaltern fiel die Entwicklung noch deutlicher aus: Annähernd jeder zehnte Betrieb ist im vergangenen Jahr aus der Produktion ausgestiegen. Die Gründe sind vielfältig: Fehlende Hofnachfolge, keine Entwicklungsperspektiven und nicht zuletzt die miserable Wirtschaftlichkeit.
NRW und Niedersachsen bleiben Hochburgen der Schweinehaltung
Die meisten Schweine und Schweinehalter gibt es weiterhin im Nordwesten Deutschlands. Fast 60 % aller Schweine und rund 55 % aller Schweinehalter fallen auf Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Allein in NRW sind über 30 % aller deutschen Betriebe zu Hause. Aber auch in den Hochburgen verschwinden immer mehr Betriebe, gerade unter den Sauenhaltern. In beiden Bundesländern nahm die Zahl der Ferkelerzeuger zwischen 2010 und 2016 um fast 40 % ab. Die Lücke bei der Ferkelversorgung schließen insbesondere Dänen und Niederländer, die seit 2006 die Importe auf rund 11 Mio. Ferkel pro Jahr etwa verdreifachen konnten.
Kaum noch neue Ställe
Historisch bedingt sind die Strukturen und damit die Betriebsgrößen der deutschen Schweinehaltung sehr verschieden. Besonders auffällig ist, dass die durchschnittliche Betriebsgröße in allen Regionen nur noch sehr langsam wächst. In Niedersachsen liegt sie seit drei Jahren bei rund 230 Sauen, in NRW bei rund 200 Sauen. In Bayern stagniert sie bei 100 Sauen und in Baden-Württemberg bei 150 Sauen. Dass die durchschnittlichen Bestandsgrößen kaum noch steigen, hat zwei Gründe: Zum einen ist ein betriebliches Wachstum durch zunehmende Auflagen kaum noch möglich, zum anderen schließen heute nicht mehr nur die kleineren Betriebe die Stalltüren.
Seit 1999 ist der Sauenbestand um 23% gesunken
Auswirkungen kaum abzuschätzen
Sei es die Änderung des Baugesetzbuches, der Filtererlass, die zahlreichen Diskussionen über die Haltungssysteme oder der alltägliche Bürokratiewahnsinn: Viele Landwirte sehen angesichts der zunehmend ungünstigen Rahmenbedingungen in Deutschland keine Zukunft in der Schweinehaltung.
Nur einige Negativbeispiele:
- Wenn eine Stallhülle erweitert werden soll, um den Tieren mehr Platz zur Verfügung zu stellen, wird – auch ohne Ausdehnung der Tierzahl – der gesamte Genehmigungsprozess neu aufgerollt.
- Es wird ein flächendeckendes Güllemanagement gefordert und gleichzeitig werden keine Anreize für den Bau von notwendigem Güllelagerraum in veredlungsarmen Regionen gegeben. Mindestens eine einfachere Genehmigungspraxis müsste endlich kommen.
Produktion ins Ausland verlagern oder Entwicklungsperspektiven entwickeln?
Die Auswirkungen sind kaum abzuschätzen. Es geht dabei nicht um ein Größenwachstum sondern darum, die Tierhaltung weiterzuentwickeln. Gerade in Niedersachsen und NRW hängen sehr viele Arbeitsplätze, insbesondere im ländlichen Bereich an der Landwirtschaft und Ernährungsbranche. Schon heute erzielen zum Beispiel Stallbauunternehmen einen Großteil ihrer Umsätze auf ausländischen Märkten. Die Landwirtschaft in Deutschland sollte nicht den Weg der Textilindustrie gehen. Es gilt jetzt, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen. Die durchschnittlichen Betriebsgrößen, die weit unter denen der meisten Nachbarländern liegen zeigen, dass die überwiegende Anzahl der Schweine in Deutschland in klassischen Familienbetrieben gehalten wird. Diese brauchen angesichts der zahlreichen Problemfelder Entwicklungsperspektiven. In Niedersachsen ist man mit dem Masterplan auf einem guten Weg. An diesem Beispiel sollten andere Bundesländer anknüpfen.
Quelle: www.schweine.net